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Was ist die richtige Bezeichnung: taubstumm, taub oder gehörlos?

Auch heute noch werden gehörlose Menschen häufig als taubstumm bezeichnet. Das unterstellt, sie seien nicht in der Lage, sich auszudrücken. Dies ist allerdings ein Vorurteil und für viele taube Menschen auch eine Beleidigung. Denn sie sind keineswegs stumm. Sie benutzen lediglich eine andere Sprache als Hörende – und zwar die Gebärdensprache.

Taube verfügen über intakte Sprechwerkzeuge. Das Erlernen der gesprochenen Sprache ist für sie jedoch schwierig, da sie das Gesprochene nicht kontrollieren können - denn weder hören sie die Laute der Gesprächspartner noch die eigenen. Dennoch werden Taube hierzulande gewöhnlich zur gesprochenen Sprache erzogen, da von ihnen erwartet wird, sich der hörenden Mehrheit anzupassen. Auf diese Weise können sie aber nicht sicher kommunizieren und ziehen es daher vor, „stumm“ zu bleiben. Unter ihresgleichen benutzen sie die Gebärdensprache, und sie sind darin nicht selten wahre Erzähler – also alles andere als stumm! Die korrekte Bezeichnung für Menschen, die nicht hören können, ist daher gehörlos oder taub.

Ist Gebärdensprache international?

Nein. Alle Gebärdensprachen sind natürliche Sprachen, die sich - wie gesprochene Sprachen - in verschiedenen Kulturkreisen unterschiedlich entwickelt haben und auch weiterentwickeln. In Deutschland wird die Deutsche Gebärdensprache (DGS) benutzt.

Kann man alles in Gebärdensprache ausdrücken?

Ja! Die Gebärdensprache hat allerdings eine vollkommen andere Grammatik und einen ganz anderen Aufbau als die gesprochene Sprache. Die Gebärdensprache ist ein System, in dem die Inhalte dreidimensional dargestellt werden wie Bilder auf einer Bühne. Präpositionen oder Konjugationen werden durch die Beziehung im Raum dargestellt und nicht linear wie in der gesprochenen Sprache.

Können Taube Lippenlesen?

Im Deutschen sind nur 30 Prozent des Gesprochenen überhaupt von den Lippen absehbar – und das auch nur bei optimalen Bedingungen. Der überwiegende Teil beim Lippenlesen besteht daher aus Kombination und Interpretation, was sehr leicht zu Missverständnissen führt. Für Taube ist es zudem sehr schwer, Lippen Absehen zu lernen, wenn sie das gesprochene Wort nie hören. Stellen Sie sich vor, Sie sind in einem schalldichten Glaskasten in China und müssen Chinesisch lernen, indem Sie es von den Lippen absehen müssen, ohne es zu hören.

Können Gehörlose lesen und schreiben?

Ja. Allerdings ist die Schriftsprache so wie die gesprochene Sprache für taube Menschen eine Fremdsprache. Sie haben einen anderen Zugang dazu als Hörende. Worte und Buchstaben sind an der gesprochenen Sprache orientiert, die der Hörende in seinem akustischen Gedächtnis bereit hat und die er beim Schreiben und Lesen mit den Buchstaben und Wörtern verbinden kann. Dieser Bezug fehlt den Gehörlosen. Ihnen fehlt der auditive Wahrnehmungskanal. Daher ist es für sie sehr viel schwieriger, die Schriftsprache zu lernen.

Die Gebärdensprache hingegen, die visuell aufgenommen wird, können Taube komplett erfassen. Sie lernen sie von anderen Gehörlosen. Dabei sind gehörlose Kinder gehörloser Eltern klar im Vorteil. Das zeigt sich sowohl in ihrer Schriftsprachkompetenz als auch in ihrem Weltwissen. Je früher Taube die Gebärdensprache erlernen, desto besser entwickelt sich aber auch ihre Lese- und Schreibfähigkeit. Denn die Gebärdensprache ist für sie die Basis für andere Sprachsysteme, so auch für die Schriftsprache.

Wie können sich Hörende, die keine Gebärdensprache können, mit Gehörlosen unterhalten?

Bei einer Unterhaltung zwischen Hörenden und Gehörlosen helfen GebärdensprachdolmetscherInnen. Das funktioniert auch telefonisch über Telefondolmetschdienste. Ansonsten können Taube und Hörende aber auch beispielsweise per E-Mail, SMS, Whatsapp, Chat, mit Zettel und Stift sowie mit Spracherkennungsprogramm und Tastatur kommunizieren. Durch den technischen Fortschritt wird sich diese Liste künftig sicherlich erweitern.